gestern wurde ich beinahe von einem trickdieb beklaut:
er gab sich als tourist mit stadtplan in der hand und fragte mich, ob ich ihm zwecks telefonieren einen euro zu cents wechseln könnte. ich wusste dass meine geldtasche voll mit münzen war, die ich sowieso gern loswerden wollte und fing an mit meinem zeigefinger münzen zu sortieren. mein gegenüber beugte sich ebenfalls über die börse und fing auch an rumzustierln (=stochern, kramen), worauf ich gleich auf distanz ging und ihm klarmachte, dass er nicht in mein eigentum zu greifen hatte.
***
ich bin ja ein aufmerksamer mensch und wittere ziemlich rasch, wenn etwas faul ist; dieser herr sah gepflegt aus mit schnürlsamtsakko, kariertem hemd und kurzem graumelierten haar. auch schaffte er es, mich mit seinem anliegen -viele kleine münzen -"no, no this one, small one..." in nicht allzugutem englisch- zu verwirren und abzulenken. ich versuchte zu verstehen, was er eigentlich wollte, denn nachdem er alle 5cent münzen bekommen hatte, wollte er einmal 2cent münzen, dann wieder 1cent münzen "small one is good, this, this, no, no small, THIS, SMALL ONE!" und fing wieder an zu stochern und stierln. plötzlich fiel mir auf, dass er gar nicht münzen zu sortieren versuchte, sondern mit seinem zeigefinger an den rand des münzfaches stiess. ich wusste nun, dass er etwas anderes vorhatte -dass er mich beklauen wollte...
***
ich hab in unvorhersehbaren situationen von anfang immer ein worst-case-scenario im hinterkopf laufen -wie ein backup beim computerabsturz- in diesem fall schwebte von anfang das beklaut-werden-szenario mit; ich hatte aus fernsehen und von zauberkünstlern erfahren, dass er meine aufmerksamkeit auf das geschehen im münzfach lenkte, um mit kleinen -und ringfinger hinter dem handrücken verdeckt die scheine rausziehen zu können -es waren immerhin knapp 200€.
***
ich wusste gleich was ich zu tun hatte -in die augen sehen durfte ich ihm nicht, er hätte mein misstrauen bemerkt- ich neigte meinen kopf leicht zur seite um den blickwinkel zu verändern und sah die scheine, die er schon ansatzweise rausgefischt hatte -wahrscheinlich hätte er sie 2 sekunden später gehabt. ich hatte das geldbörserl in meiner offenen rechten hand gehalten und konnte recht leicht das ganze paket wieder fassen. ich tat es ruckartig und entschlossen und schrie ihn dabei an "DU ARSCH!! ICH RUF DIE POLIZEI!"
***
er erschrak dermassen, dass er sofort loslies, einen schritt zurückging und sich abwechselnd bekreuzigte und hände faltete. er stammelte von kindern und familie, was meinen zorn nicht besänftgigte: ich brüllte weiter -beschimpfte ihn und drohte mit polizei. er tat plötzlich so, als ob nichts gewesen wäre und ich wusste, dass ich ihn nicht zur polizei mitschleifen würde können, wie ich es mir im ersten zorn ausgemalt hatte -es wär sogar gefährlich, denn er würde seine freiheit womöglich sogar mit gewalt verteidigen. also schrie ich, er solle sich allerschleunigst schleichen, was er auch tat.
***
nachdem er weg war und meine erregung etwas abgeklungen war, beschloss ich dann doch zur nächsten wache zu gehen, um ihn zu beschreiben. am weg dorthin bemerkte ich belustigt, dass der gute mann ziemlich frustriert gewesen sein muss: nicht nur dass ihm eine fette beute durch die finger gegangen war (daher kommt also der ausdruck), nein er hatte mir auch den einen euro, den er gewechselt haben wollte, ins börsel gelegt und dafür ça. nur einen halben rausbekommen...
cities and countries am 29. April 2006, 14:50 comment

 
pappnase, 30. April 2006, 22:23
hehe, eine rundum gute geschichte, laut werden hilft fast immer...

link

 
schampar, 30. April 2006, 23:46
schlimm für Leute
die nicht mehr so flexibel sind. Menschen die helfen wollen und dabei schamlos ausgenommen werden. Welches Mittel hilft da noch?

Link

 
sweetmaker, 1. Mai 2006, 14:31
ich hoff der kommentar geht jetzt nicht in richtung "ausländer raus" -ich bin sicher weder der erste noch der letzte, dem sowas passiert ist...

Link

 
kid37, 4. Mai 2006, 22:38
Der betrogene Betrüger, schön. Ich denke ja immer, so was gibt es nur im Fernsehen und in Warnhinweisen. Vor 20 Jahren rief ich in der Hafengegend in Lissabon mal lautstark nach der Polizei, weil mir ungefähr alle zwanzig Meter was zu Rauchen angeboten wurde. Ich meine, hallo, ich wollte da nur in Ruhe langspazieren und die Aussicht genießen. Völlig nervig. Danach war immerhin Ruhe ;-)

link

 
sweetmaker, 5. Mai 2006, 15:35
ich hab ihn überführt -nicht betrogen...
aber sie haben recht, das rauchen sollte wirklich verboten werden ;-)

Link

 
weltregierung, 12. Mai 2006, 13:45
...Hmmm....nun, ich weiss warum sich in meiner
CargohosenSeitentasche eine Familienpackung
Pfefferspray befindet.

- MancheMögensScharfregierung.

Link




To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.